Bundestrojaner reloaded – CCC vs. BKA

Der Bundestrojaner – eine unendliche Geschichte, bis zur Abschaffung leider ohne Happy End ……

 

Nachdem gestern die Nachricht verbreitet wurde, dass dem ChaosComputerClub (CCC) einige Exemplare des sogenannten „Bundestrojaners“ zugespielt wurden, ist die Aufregung nach wie vor groß! Die Untersuchungen des CCC an den als dll-Datei getarnten Spähprogrammen sind in einem „Staatstrojaner-Report“ ausführlich dargestellt, der hier als pdf-Dokument zu bekommen ist. Wer den Report liest, weiß nicht, ob er lachen. weinen oder sich fürchten soll…..

 

Gelacht werden darf über die offensichtliche Inkompetenz der (möchtegern-)geheimen Staatsorgane, die bei der Anschaffung bzw. Programmierung des Staatstrojaners an den Tag gelegt wurde. „Wir sind hocherfreut, dass sich für die moralisch fragwürdige Tätigkeit der Programmierung der Computerwanze kein fähiger Experte gewinnen ließ“, heißt es in dem Report des CCC. Die Entwickler der Spähsoftware werden von den Autoren als „studentische Hilfskräfte mit noch nicht entwickeltem festen Moralfundament“ bezeichnet! Nichts gegen studentische Hilfskräfte, aber die klaren Aussagen des Reports sind Wasser auf die Mühlen von uns Überwachungsgegnern, was für eine Blamage für unsere Angst-Bürokraten und Panikmache-Politiker, welche die Freiheitsgrundrechte des Grundgesetzes  bestenfalls noch als Einfallstor für Terroristen und Verbrecher sehen und diese sukzessive abgeschafft haben möchten.

 

Geweint werden darf über die Tatsache, dass die Top-Hacker des CCC bei einer genauen Untersuchung der Software herausgefunden haben, dass in dem Schadprogramm zahlreiche Routinen enthalten sind, mit denen der Staatstrojaner ruck-zuck auch die Überwachungsmaßnahmen durchführen kann, welche das Bundesverfassungsgericht seinerzeit bei Einführung des Staatstrojaners ausdrücklich als verfassungswidrig untersagt hatte. Das ist eine Riesen-Sauerei, so gehen die Ermittlungsbehörden bzw. die Exekutivorgane unseres Staates  mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. Na ja, für den Strafverteidiger nichts wirklich Neues! Geradezu geringfügig im Vergleich dazu fällt ein weiterer Mangel des Bundestrojaners ins Gewicht: Weil eine Verschlüsselung der übertragenen Daten zum Teil fehlt bzw. eine Verschlüsselung ansonsten „auf inkompetente Art und Weise“ erfolgt, können sich Schmalspur-Hacker und Script-Kiddies (harmlos) oder leider auch echte Kriminelle (gefährlich) in die Überwachung einklinken und Schindluder treiben. Kurz gesagt: „Beihilfe“ des BKA zum Ausspähen von Daten durch Dritte, wobei Beihilfe in Anführungszeichen stehen muss, denn ihr Dilettantismus schützt unsere Ermittler vor dem Vorwurf, sie hätten vorsätzlich gehandelt…

 

Fürchten könnten sich rechtstreue Bürger  davor, dass solche Dilettanten sie vor Terroristen  oder organisierten Kriminellen nicht schützen können. Vielleicht auch noch davor, dass die Daten aus dem Trojaner zur Identitätsverschleierung über Server in den USA geleitet werden. Unsere Überwachungs-Politiker werden sicher alle denkbaren Beschwichtigungen für ihr Wahlvolk parat haben, womöglich, dass Al-Quaida und Mafia nur selten über Spezialisten  wie die Hacker vom CCC verfügen, dass die Amerikaner ja unsere Freunde sind und wir außer unseren Flugpassagierdaten und SWIFT-Daten natürlich auch die Daten des BKA und des Verfassungsschutzes „frei Haus“ bekommen müssen. Erklärungen wie diese lägen in etwa auf dem Niveau wie seinerzeit beim Thema „Netzsperren“, als unsere Top-Politiker verlauten ließen, China habe das doch „vorbildlich“ mit der Netzzensur hinbekommen…

 

Besser natürlich noch – und das werden wir am Ende bei soviel Dilettantismus sicherlich hören – Dementis und Distanzierungen. Das ist ja das schöne an geheimen Operationen eines Staates: Wenn etwas an die Öffentlichkeit dringt, dann kann man dieser Öffentlichkeit erzählen, was man will, die Heimlichkeit kennt sie schließlich nicht.

 

Fürchten kann sich aber niemand, der sich vernünftigerweise nicht von der Panikmache hat anstecken lassen, mit der die geheimen Angriffe auf unsere Bürgerrechte vorbereitet wurden. Und weinen wird auch niemand, denn den sich Fürchtenden werden die aufgedeckten Verfassungsverstöße egal sein, den Anderen, die den Ernst der Lage erkannt haben, und unsere Freiheitsgrundrechte bewahren wollen, bleiben die Tränen vor Wut in der Kehle stecken.

 

Lachen sollten wir allerdings heute, denn wenn der Bundestrojaner in den Augen des CCC ein Scherzartikel ist, verlieren seine geistigen Väter an Glaubwürdigkeit. Aber Vorsicht vor übertriebener Heiterkeit, auch die antiken Trojaner hat diese angesichts des echten trojanischen Pferdes erfasst, der Rest der Sage ist hinlänglich bekannt …

 

 

2 Gedanken zu „Bundestrojaner reloaded – CCC vs. BKA

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